Coming-Out der Weg zur Offenbarung eines Geheimnisses
Jeder Mensch hat ein Geheimnis. Man muss nicht alle Geheimnisse zwingend offenbaren.
Doch wie sieht es bei Homosexualität aus? Die sexuelle Identität ist ein Teil von uns und langfristig schwer geheim zu halten, vorallem emotional.
Coming-Out
Der Begriff “Coming-Out” kommt aus dem Englischen und bedeutet soviel wie “herauskommen” oder absichtlich öffentlich machen. Coming-Out ist ein Prozess, sich dazu privat und öffentlich zu bekennen, daß man von der gesellschaftlich erwarteten Geschlechterrolle abweicht.
Der Prozess des Coming-Outs
inneres Coming-Out
Unterschieden wird das Coming-Out in das innere und das äußere Coming-Out.
Beim inneren Coming-Out spielt das bewußte Erkennen über die eigene homosexuelle Orientierung die zentrale Rolle. Die Phase des sich selbst bewußt werdens über die vorhandene gleichgeschlechtliche Orientierung kann, meist in der Pubertät beginnend, individuell über Jahre andauern.
äußeres Coming-Out
Im Gegensatz zum inneren Coming-Out ist beim äußeren Coming-Out kennzeichnend, daß man allen oder bestimmten Personen seines sozialen Umfeldes die eigene gleichgeschlechtliche Orientierung mitteilt.
Hier ein (englisches) Video von rührenden Coming-Outs:
Zeitpunkt und Ergebnis des Coming-Outs
Der Prozess des Coming-Outs ist nicht vom individuellen Alter abhängig. Durchaus gibt es Fälle, in denen Menschen erst im fortgeschrittenem Alter den Schritt wagen ihren Freunden oder der Familie ihre Orientierung zu offenbaren.
Oftmals haben sie über Jahre hinweg nach außen hin ein anderes Leben geführt, sind verheiratet und haben Kinder. Die Problematik des Coming-Outs zeigt sich daher zumeist in dem Widerruf der bislang gewählten und gelebten Beziehung.
Das Ergebnis des Coming-Out Prozesses kann sich unterscheiden. Einige führen ein völlig offenes Leben, andere ein zurückgezogeneres. Wichtig ist auch die eigene Akzeptanz des Betroffenen seiner sexuellen Orientierung. Wer die eigene geschlechtliche Orientierung leugnet, der kann oftmals von Schuldgefühlen oder Selbsthass geplagt sein.
Es spielt laut Studien auch eine Rolle, ob man auf dem Land oder in einer Stadt wohnt. Stadtmenschen gelingt ein Coming-Out zumeist leichter. Oftmals öffnen sich die Betroffenen erst, wenn sie sich sicher fühlen und berichten dies zunächst engen Freunden.
Die Familie wird zumeist erst später informiert, wobei das familiäre Verhältnis eine entscheidende Rolle hierbei trägt. Die Betroffenen erleben häufig Situationen, die schambesetzt sind und insgesamt schwierig, da die Offenbarung für die Eltern der Betroffenen teilweise auch ein Einschnitt in die Vorstellungen des Lebens ist und die Frage nach Enkel beispielsweise auftritt.
Besonders schwer erleben Menschen mit Migrationshintergrund ihr Coming-Out. In der Wertevorstellung vieler Muslime zum Beispiel bringt ein homosexueller Sohn “Schande” über die Familie. Die Homosexualität bleibt dann oftmals verborgen.
Emotionale Aspekte
Durch die häufig in der Erziehung mitgegebene Wertevorstellung von Rollen in geschlechtlicher Hinsicht entstehen bei den Betroffenen häufig erhebliche Spannungen zwischen Erwartungen des Umfeldes hinsichtlich der Gefühle der Betroffenen und der tatsächlich vorliegenden Gefühle. Dies führt nicht selten zum Gefühl anders zu sein. Viele fühlen sich alleine.
Dieses Gefühl des emotionalen Dilemmas können Homosexuelle dadurch aufbrechen, daß sie für sich selbst verstehen und akzeptieren lernen, daß wirklich anders zu sein. Die Erwartungen des Umfeldes müssen nicht bindend für jeden Menschen sein. Dies erfordert Selbstvertrauen und Mut, denn oftmals ist auch das Eingeständnis einer Minderheit angehörig zu sein, mit Widerstand und Stigmatisierung durch die Gesellschaft verbunden.
Eine negative Reaktion der Umwelt löst bei vielen Betroffenen Stress aus.
Homosexuelle Jugendliche sind gefährdet und begehen häufiger Suizidversuche.
Manchmal haben die Betroffenen bereits vor einer möglichen negativen Reaktion Angst und outen sich nicht, obwohl eine angstbesetzte negative Reaktion nicht droht.
Ein Coming-Out ist mit erheblichen emotionalen Belastungen verbunden.
Das Coming-Out ist auch ein Prozess der harten Arbeit, seine homosexuelle Identität zu verstehen und zu akzeptieren.
Verbreitete Vorurteile, die das Coming-Out blockieren
Vorurteile der Gesellschaft hemmen oft den Prozess, sich selbst mitsamt seiner sexuellen Identität positiv anzunehmen. In der Gesellschaft ist häufig die Papa-Mama-Kind Zusammenstellung genormt. So haben die Betroffenen das Gefühl des Außenseiters, daß viele Betroffene teilweise lebenslang annehmen, die eigene sexuelle Veranlagung leugnen und sogar das “Normale” aufrecht erhalten wollen, indem sie heterosexuelle Beziehungen eingehen. Dieses Verdrängen führt weder zum inneren, noch zum äußerlichen Coming-Out und nicht selten sogar zu psychischen Problemen, unglücklichen Paarbeziehungen oder Doppelleben.
Der innere Konflikt führt oft zu Schuldgefühlen oder Selbsthass. Ihre sexuelle Orientierung wird als unerwünscht, ungewollt und belastend empfunden.
Wie überwindet man Vorurteile und akzeptiert die Veranlagung als natürlich?
Indem man sich bewußt man, daß das Ausgrenzen Homosexueller und die Abwertung in früheren Zeiten nicht vorkam. Homosexualität galt als völlig natürlich und normal, so daß nicht mal Begrifflichkeiten hierfür existierten. Darüberhinaus existiert Homosexualität auch bei Tieren und ist nicht selten. Gott oder die Natur wollten demnach nicht nur die Fortpflanzung ins Zentrum zwischenmenschlicher Beziehungen rücken.
Die Sexualwissenschaft wertet homosexuelles Verhalten mittlerweile als gleichwertig zu heterosexuellem Verhalten.
Wichtig für die eigene Selbstachtung und die Förderung der eigenen psychischen Gesundheit ist das Überwinden und Ablehnen von Vorurteilen, damit ein selbstbewußter, zufriedener und stolzer Umgang mit der eigenen Person und seiner sexuellen Veranlagung auch in Bezug auf das Umfeld möglich ist.
Der englische Begriff Gay Pride umschreibt dies sehr gut. Der selbstbewußte, stolze Umgang mit der eigenen gleichgeschlechtlichen Identität löst ein großes Gefühl von Achtung des eigenen Ichs hervor, daß Vorurteilen und daraus resultierende negative Gefühle keinen Platz läßt und nur die Gleichberechtigung des Individuums in der Gesellschaft befürwortet und lebt.
Auf der gesamten Welt werden Homosexuelle mittlerweile weniger verfolgt. Die Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Liebe und Partnerschaften ist deutlich gestiegen. Homosexuelle Paare dürfen heutzutage sogar Kinder adoptieren und sind somit rechtlich gleichberechtigt zu heterosexuellen Paaren. Dies war ein langer Weg und harter Kampf, führte aber zu rechtlichem Erfolg.
Durch derartige Ereignisse gestaltet sich ein Coming-Out heutzutage leichter als vor 50 Jahren zum Beispiel.
In diesem Sinne: Gay Pride!